Holzbronn noch lebens- und liebenswerter machen!

Das Wasserhäusle und seine Geschichte

Wie in vielen Gemeinden Alt-Württembergs waren in Holzbronn die geohydrologischen Bedingungen ungünstig. Die wenigen Quellvorkommen wiesen spärliche und stark schwankende Schüttungen auf, mit der Folge immer wieder extremen Wassermangels, noch bis Anfang der 1950er Jahre. Den Holzbronnern standen fünf Quellen auf eigener Markung zur Verfügung (Lauchquelle, Baiersbachquelle, Erchingerquelle, Mahdenbrunnen und die Viehtriebquelle in der Xanderklinge), von denen sich allerdings nur die Lauchquelle im Ort befand. Für die Bewohner des oberen Dorfes war die Wasserbeschaffung aus dieser Quelle jedoch mühsam. Die anderen vier Quellen waren teils schwer zugänglich oder konnten aufgrund des technischen Fortschritts erst ab Ende des 19. Jahrhunderts direkt für den Ort erschlossen werden. So konnte auch die zum heutigen Dorfplatz tiefergelegene Erchingerquelle mangels technischer Voraussetzungen (Elektromotor und Druckpumpe) zunächst nicht direkt nutzbar gemacht werden. 

Erst mit entsprechendem technischen Fortschritt entschloss man sich schließlich 1911 eine elektrische Pumpanlage zur Sicherung der Wasserversorgung Holzbronns einzusetzen, nachdem sich elf Haushaltsvorstände des oberen Dorfes beim Gemeinderat aufgrund wiederholten Wassermangels beschwerten: 

[...] "Vor etwa 3 Jahren wurde uns versprochen, daß der Örchinger Brunnen dem oberen Dorf zugeführt werde, sobald elektrische Kraft vorhanden sei. Nun steht elektrische Kraft zur Verfügung, aber das Wasser ist fern. Wir bitten deshalb die Gemeindevertreter um Beschlußfassung dieser Sache, andernfalls wir genötigt sind beim Königlichen Oberamt Beschwerde zu erheben" [...]
[Abschrift des Gemeinderatsprotokolls vom 02.11.1911] 

In Holzbronn lebten damals 371 Einwohner, denen vom Königlichen Bauamt im August 1912 ein täglicher Wasserbedarf von 37.100 Litern zugemessen wurde. Die Förderwassermenge der Erchingerquelle wurde bei einer täglichen Pumpzeit von 3,6 Stunden auf 25.920 Liter taxiert, also 2 Liter je Sekunde. Die Förderhöhe betrug ca. 55 Meter. Die Leistung des Motors sollte bei 2 PS liegen. 

Die Gemeinde erwarb hierauf im Oktober 1912 das Grundstück, auf welchem sich die Quelle befindet, vom Küfer Friedrich Niethammer für 1.100 Mark „auf ewige Zeiten“. Die Vergabe der Arbeiten zum Bau der Anlage erfolgte im April 1913. Das Wasserhäusle entstand. Oberhalb des Dorfes wurde am Waldrand im Eichacker ein Hochbehälter errichtet, von welchem der damalige Ort versorgt werden konnte. Nach Abschluss der Leitungsarbeiten im August 1913 wurde die Anlage eröffnet. Als erster „Wärter für das Pumpwerk einschließlich der Brunnen, Hydranten und Sperrschieber“ wurde der Schmiedemeister Jakob Beutler, Angehöriger einer alteingesessenen und angesehenen Familie, angestellt.


Die Gesamtkosten des Bauvorhabens (inklusive Grundstück) beliefen sich laut Gemeinderatsprotokoll vom 17.11.1913 auf rund 20.500 Mark. Das jährliche Durchschnittseinkommen lag in Deutschland seinerzeit bei rund 1.182 Mark. 

Zur Schuldentilgung wurde folgender Beschluss gefasst: 

„Diese Wasserleitungsbauschuld soll in 40 Jahren [ursprünglich waren 50 Jahre vorgesehen] abgetragen werden und zwar in Raten je 500 Mk jährlich nebst den laufenden Zinsen beginnend 1914 auf 1. Juli.“ [Abschrift des Gemeinderatsprotokolls vom 17.11.1913]

„Es soll vom 1. April 1914 an von jeder Familie durch den Gemeindepfleger ähnlich wie die übrigen Steuern 5 Mk Wasserzins eingezogen werden, jedoch bei einer alleinstehenden Person nur die Hälfte obigen Betrags.“ [Abschrift des Gemeinderatsprotokolls vom 17.11.1913] 

Die Gemeinde Holzbronn verfügte nun über drei Wassergewinnungsanlagen: Die Lauchquelle im Ort (seit 1329), die Baiersbachquelle ca. 1.500 Meter Luftlinie oberhalb des Dorfzentrums liegend (seit 1898) und die Erchingerquelle. Es zeigte sich jedoch, dass die Erwartungen der Holzbronner an die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht erfüllt wurden. Im Jahr 1947 versagte sie weitgehend ihren Dienst, sodass sogar beim Hof Waldeck im Nagoldtal Wasser geholt werden musste. 

Des Weiteren hatte sich im Zuge der Begutachtung der Wasserversorgung Holzbronns durch das geologische Amt Tübingen im Jahr 1949 und durch die Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau im Jahr 1950 herausgestellt, dass neben der völlig unzureichenden Versorgungssituation durch die bestehenden Quellen, auch die Wasserqualität – wahrscheinlich mangels Schutzzonen – hygienisch unzureichend war. In der Folge beschloss man sich am Wasserversorgungsprojekt der Gemeinden Wildberg, Deckenpfronn und Gültlingen zu beteiligen. Die hierfür erforderlichen Arbeiten begannen 1953 und wurden 1954 abgeschlossen. Aus unbekannten Gründen wurde der Wasserbezug u.a. aus dem hygienisch bedenklichen Erchingerbrunnen jedoch erst im Januar 1957 eingestellt, nachdem sich das Staatliche Gesundheitsamt Nagold und das Hygieneinstitut der Universität Tübingen eingeschaltet hatten.

Nachdem es nicht mehr benötigt wurde, sollte das Wasserhäusle schließlich Anfang der 1970er Jahre abgerissen werden. Um dies zu verhindern gründeten einige Holzbronner Bürger im November 1974 den FVG-Holzbronn, Fremdenverkehrs- und Verschönerungsgemeinschaft e.V., welcher das Wasserhäusle in zweijähriger Kleinarbeit sanierte und zur Wanderklause umbaute. Die Einweihung der Wanderklause erfolgte schließlich im Mai 1979. Um die finanziellen Mittel für die Sanierung zusammen zu bekommen, wurden vom FVG-Holzbronn e.V. im Zeitraum von 1975 bis 1978 insgesamt vier Volkswandertage mit teilweise über 3.000 Teilnehmern veranstaltet. Seitdem wird dieser idyllische Fleck vom FVG-Holzbronn e.V. gehegt und gepflegt.


Die vorstehenden Ausführungen basieren auf den Informationen aus den beiden Büchern "Holzbronn - Ein Streifzug durch seine Geschichte" und "Calw, Geschichte einer Stadt - Holzbronn" sowie den Gemeinderatsprotokollen der Jahre 1911 bis 1913. Ein besonderer Dank gilt hierbei Herrn Dr. Rolf Laubert, Mitautor der vorgenannten Bücher, der für uns die in Sütterlin verfassten handschriftlichen Gemeinderatsprotokolle gelesen und die relevanten Passagen herausgeschrieben hat. 

 


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